Mein Kopf redet....mein Herz fühlt...

Hallo ihr Lieben...

gestern war ein verdrehter Tag (wobei hier noch kein Tag eine Art Alltag ist)..aber Marlene musste aus dem Kindergarten abgeholt werden, da sie leider gebrochen hat...geht halt was rum im Kindergarten..das kennen wir ja schon =)
Also bin ich noch in Gonubie wieder umgedreht und hab mein Schätzchen geholt.

Hatte jedoch eine Verabredung mit einem Deutschen, der schon sehr lange hier lebt und dessen Maid eben noch auf Arbeitssuche ist, da es bei ihm nicht mehr als einen Tag in der Woche etwas zu tun gibt.

Ich also mit Marlenchen hingefahren (ohne Map!, nur mal vorher auf den Routenplaner geschaut *yeah*) direkt gut gefunden und geklingelt.

Ein mir gleich sympathischer Mann macht mir das Tor auf und wir dürfen reinfahren. Er bietet mir einen Kaffee an, den ich dankend annehme, da ich noch keinen hatte heute.

Ich sehe da schon die Frau im blauen Kittel am werkeln. Sie schaut noch etwas schüchtern zu uns, ich gehe einfach zu ihr hin, geb ihr die Hand und nenne meinen Namen, sie lacht mich an und stellt sich vor (aus datenschutzgründen nenne ich keinen Namen). Ich setze mich hin und trinke meinen Kaffee, der Mann sitzt mir gegenüber und S. fegt weiter die Terrasse...es ist ein befremdliches Gefühl, da zu sitzen, Kaffee zu trinken und über Sie zu reden, während sie anwesend ist und ihrer Arbeit nachgeht.

Wir möchten nicht unhöflich sein und reden ab und zu auf englisch.

Unsere Blicke treffen sich und ich lächle sie an.

Es ist schon ein bisschen wie ein Vorstellungsgespräch mit Probearbeiten, wie man es in Deutschland auch kennt. Ich benötige Hilfe im Haushalt und sie bietet diese Dienstleistung an, eigentlich ist das ja völlig normal. Aber für mich ist es einfach komisch, ich kann es nicht beschreiben...es ist ja absolut keine abwertende Arbeit für mich, gearbeitet werden MUSS überall, in diesem Fall geht es um Haushaltstätigkeiten, ich mache das ja selbst zu Hause auch...

Ich bekomme also während dem Gespräch ihren Lebenslauf ein bisschen mit, sie hat Schicksalsschläge hinter sich und das tut mir sehr leid. Es würde mir auch bei allen anderen Menschen leid tun. Ich stelle mir vor, wie sie in ihrer "Hütte" alles sauber hält und pflegt und leider wirklich über jedes Geldausgeben nachdenken muss. Strom nutzen, wann und wieviel etc. Sie hat komplett andere Probleme als ich. Sie scheint ein positiver Mensch zu sein, sie hat eine sehr freundliche Aura.

Mein Gastgeber versichert mir: Sie ist ordentlich, zuverlässig und....ja, man muss es halt leider dazu sagen, klaut nicht . Jedenfalls arbeitet Sie schon seit 15 Jahren bei ihm und geht alleine ein und aus in seinem Haus. Er vertraut ihr also alles an.

Sie setzt sich zu uns, ich traue mich nicht so richtig zu ihr zu schauen, ich will ihr nicht das Gefühl geben dass ich sie mustere oder begutachte...Ich frage nach dem Gehalt und wir einigen uns...für eine deutsche natürlich nicht vergleichbar, der Betrag an sich wäre in Deutschland ein Witz, aber hier ist es angemessen. Es ist ein befremdliches Thema (ich war noch NIE Arbeitgeberin) und ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll, ich bin nett und höflich zu ihr, sie genau so zu mir. Sie spielt mit Marlene und den Kuscheltieren die uns der Herr gegeben hat. Wir einigen uns darauf, dass sie am nächsten Tag zu uns kommt und wir zusammen festlegen was zu tun ist. Netterweise fährt M. sie einmal zu uns, damit sie weiss wo sie hin muss am nächsten Tag.

 

Danach gehen Marlene und ich noch einkaufen, ich lade alles mögliche in den Einkaufswagen, Saft, Milch, Ananas, andere Früchte, Gemüse etc. dann ab zur Kasse, in meinem Geldbeutel sind fast 700 Rand..das muss locker reichen... ehm ja, ich hätte mal lieber mit rechnen sollen=) Denn peinlicher Weise reicht mein Geld vorne und hinten nicht *ohweia*...also gebe ich ein paar Sachen wieder zurück, die Kassiererin scheint nicht besonders verwirrt, offenbar geschieht das öfter=)) Also rechnen wir zusammen solange, bis die Kohle reicht. PEINLICH!! Zum Glück steht niemand hinter mir.

Ab ins Auto und nach Hause...ich mache mir Gedanken, wie wohl der Tag morgen wird wenn S. zu uns kommt...was zeige ich ihr? Was ist zu tun? Was mache ich dann?

Ich hab zwar die Kinder zu Hause, zur Sicherheit wegen der Magen-Darm-Geschichte im Kindergarten, aber trotzdem....

 

Mittags kommen zwei Freundinnen zum Kaffee und wir unterhalten uns über unseren Auslandaufenthalt, für alle Neuland. Es ist wirklich schön, sich auszutauschen, denn wir haben alle dieselben Fragen und Gefühle wegen dieser hohen Machtdistanz.

 

 

Es ist soweit, der erste Arbeitstag für S. und mein erster Tag als Arbeitgeberin (abgesehen von N. unserem Gärtner, ihn hab ich aber quasi von unserem Vermieter übernommen und ich bin SEHR FROH dass er das macht...ich hab echt keinen grünen Daumen=)).

S. ist mega pünktlich und da meine Mädels heute zu Hause sind, sind wir noch am frühstücken, ich bitte Sie sich zu uns zu setzen und schenke uns Kaffee ein und mache ihr ein Brot, wir essen zusammen und ich versuche mich auf englisch mit ihr zu unterhalten. Sie kann glaub besser Englisch als ich=)) Wir verstehen uns schon irgendwie, sie spricht eigentlich Xhosa. So wie ich eigentlich deutsch =).

 

Nachdem wir gegessen haben, zeige ich ihr einfach mal das Haus und wir beginnen Betten zu machen, sowie das große Bett von Martin und mir zu beziehen.

Das Bad zeige ich ihr und was zu tun ist, weil sie es bei M. anders macht bzw. gar nicht oder bei ihm nur bügelt oder fegt. Sie bittet auch darum, dass ich ihr zeige wie ich es mache und es gerne hätte. Klar, einarbeiten muss sein=) Da ich ihre Arbeitgeberin bin, werde ich ihr natürlich noch Arbeitskleidung besorgen. Sie hat mitgedacht und sich eine Schürze mitgebracht (Danke S.=)) 

Wir wuseln also alle irgendwie erstmal zusammen durchs Haus, die Kinder wollen mithelfen.

Da S. aber sehr bemüht ist und ja auch schon jahrelang im Geschäft, fängt sie bald selbstständig an sich den Besen zu schnappen und zu fegen, dann das Bad zu wischen etc. das heißt, ich muss jetzt hier erstmal im Haushalt nicht viel tun...ich spiele mit den Kids und ab und zu suche ich Arbeitsmaterial für S. damit sie ordentlich schaffen kann. Mein Bügelbrett ist nicht grad der Burner, aber es funktioniert, die Wäsche läuft auch und irgendwie wird es ein bisschen "normaler" für MICH, denn für S. ist es normal, sie arbeitet einfach und ist sehr froh, dass sie endlich einen Tag mehr in der Woche dazu bekommen hat. 

Wenn Bedarf besteht, kann sie gerne zweimal die Woche kommen, aber vorerst bleiben wir bei einem Tag. Ich werde aber im Bekanntenkreis hier fragen, ob noch jemand Hilfe benötigt.

 

Natürlich gibt es ein Anrecht auf Pausen, S. hat um 10 Uhr Pause und um 13 Uhr dann nochmal jeweils 30 Minuten, ich mache ihr Frühstück und später ißt sie bei unserem Mittagessen mit. Sie möchte allerdings etwas für sich sein und setzt sich raus, an unseren kleinen Tisch auf der Terrasse. In der Zeit mittags versuche ich Marina hinzulegen...was nicht funktioniert, dafür nicke ich kurz ein...als ich wieder erwache spielen Marina und Marlene neben mir und S. ist schon wieder am werkeln..Wäsche abhängen, zusammen legen..sie sucht was zum bügeln...ich hab allerdings nicht viel Bügelwäsche, also ist das keine langfristige Aufgabe, wir entscheiden also noch: die Terrasse muss gefegt werden! Super, sie schwingt den "brumm" wie sie sagt und macht es wirklich sehr ordentlich.

um 15:30 ist Feierabend (für Sie) und für MICH irgendwie auch...denn ich war schon etwas angespannt, neue Situation, neues Land, neue Kultur, neue Sitten und Bräuche (die ich ja noch nicht alle kenne) mach ich Zuviel oder zu wenig? Wie richte ich ihr das Essen? Schmeckt es ihr? (Ihr wisst ja: kochen und ich sind kein Freunde!) Ich glaube ich mache mir viel zu viel Gedanken, sie würde sich evtl kaputt lachen wenn sie das wüsste.... Jedenfalls soll sie nun jeden Dienstag auf 8:30 kommen, genau so wie N. dann hab ich Dienstag hier wusel- gärtner- und Putztag. Ist doch nicht schlecht, für alle Beteiligten.

S. kommt übrigens mit Bus her und läuft ein Stück zu uns hoch, falls ich sie aber mal aufpicken kann auf dem Weg zurück vom Kindergarten mache ich das gerne, muss mal schauen woher genau sie kommt. Sie hat es mir gesagt, aber ich kenn mich ja noch nicht so gut aus.

 

-->Mein Kopf, mein Herz<-- Als sie dann weg ist, werde ich traurig...ich fühle mich schlecht....weil ich habe, was ich habe, weil ich in diesem BOMBASTISCHEN Haus wohne und sie hier vielleicht auch gerne wäre (ich weiss, dass es nicht fair ist zu schreiben, was sie vll denken könnte, denn ich weiss es ja nicht, aber ich fühle einfach so)

 

Ich hatte dieses Glück in Deutschland geboren zu sein und einfach die beste Familie, die besten Großeltern und die beste Mutti zu haben...keiner sucht sich aus wo er geboren wird...jeder hat das Recht sein Glück zu suchen und zu finden und alles dafür zu geben! Egal woher er kommt....

Den ganzen Nachmittag denke ich über alles nach, es lässt mich nicht los. Ich bin daher auch ziemlich ruhig heute und auch etwas unmotiviert noch etwas anderes zu machen als rum zu sitzen...aber wir machen noch Spätzle =) Die Kinder haben sich welche gewünscht.